Vorwort

Die digitale Währung Bitcoin übt eine eigenartige Faszination aus, die bei manchen Menschen an Sucht grenzt. Vielleicht sogar an Besessenheit. Für den, der einmal vom „Bitcoin-Virus“ gepackt wurde, gibt es oft keinen Weg mehr zurück. Bitcoin wird nicht nur zum Hobby, sondern zum Lebensinhalt.

Ein Grund für diesen oft bestaunten Enthusiasmus dürfte sein, dass Bitcoin eine magisch anmutende Technologie ist. Die digitale Währung erzeugt etwas, das es eigentlich gar nicht geben darf: digitale Knappheit und Unveränderlichkeit. Alles im Internet kann beliebig vervielfältigt und verändert werden. Nur Bitcoin nicht. Obwohl rein digital, verhalten sich die digitalen Münzen zuweilen so, als seien sie physische Objekte. Das fühlt sich an, als wäre die Technologie aus der Zukunft gefallen.

Nicht minder wichtig dürfte sein, dass Bitcoin nicht nur Technologie ist, sondern auch Politik und Revolution. Und Revolution ist hier nicht als Marketing-Floskel gemeint, wie bei der neuen Zahnbürste, sondern im eigentlichen, historischen Sinn: als Angriff auf die herrschende Ordnung. Bitcoin ist eine neue, staatenlose Währung, die von niemandem beherrscht oder kontrolliert werden kann. Sie verspricht eine globale Währungsunion, in der es keine Zentralbanken, keine Kapitalkontrollen, keine Wechselkurse und keine Inflation mehr gibt.

Auch ich gehöre zu den Menschen, die der virtuellen Währung verfallen sind. Als ich Mitte 2013 bei Recherchen zufällig auf Bitcoin stieß, war ich sofort faszinierte. Ich las mich ein, und je mehr ich erfuhr, desto größer wurde mein Staunen und meine Faszination.

Kurz darauf begann ich für die deutsche Handelsplattform Bitcoin.de als Redakteur des Bitcoinblog.de zu arbeiten. Langweilig wurde mir in den folgenden Jahren nie. Es passieren so viele große und kleine Dramen rund um die Entstehung dieses neuen Geldsystems, jede Woche, fast jeden Tag. Irgendwann wurde mir klar: Bitcoin könnte die größte Geschichte unserer Zeit sein. Dieser Gedanke wurde zum Leitmotiv meines Buches.

Was ist Bitcoin? Wie ist die digitale Währung entstanden? Welche Ideen, welche Personen stecken dahinter? Wie tritt sie in die Welt, welcher Widerstand formiert sich dagegen? Was bedeutet sie wirtschaftlich, was politisch, und welche Utopien und Dystopien liegen in ihr? Meine Absicht war, das Phänomen Bitcoin in all seiner schillernden Vielschichtigkeit zu erfassen. Ich wollte nicht nur erklären, was Bitcoin ist und welches Potenzial es hat, sondern auch in die dunklen Winkel hineinleuchten und die vielen Geschichten erzählen, die den Aufstieg dieses neuen Geldes begleiten.

Natürlich bin dabei nicht neutral. Es wäre Unsinn, das behaupten zu wollen. Ich finde Bitcoin faszinierend und bin überzeugt, dass die digitale Währung das Geld der Zukunft ist. Ich glaube auch, dass ein freies, dezentral organisiertes Geldsystem wie Bitcoin der Menschheit eine beispiellose monetäre Autonomie schenkt, woraus sehr viel mehr Vor- als Nachteile erwachsen. Für mich ist Bitcoin ein Teil des gesellschaftlichen Fortschritts, ein besonders aufregender Zweig der Digitalisierung, und ich bin gespannt, in welche Welt er uns führen wird.

Allerdings bin ich mir bewusst, dass dies keine Tatsache, sondern nur meine Meinung ist. Manche finden Bitcoin erschreckend, und es gibt gute Gründe dafür: den Kontrollverlust des Staates, die Gefahr, dass Steuereinnahmen austrocknen, die Attraktivität für Kriminelle, die nicht von allen geteilte Vision eines harten, deflationären Geldes … Bitcoin ist vieles, aber es ist keine unschuldige Technologie. Ich werde daher versuchen, so neutral wie möglich zu bleiben. Ich will nicht werben, sondern informieren, und Ihnen das Wissen vermitteln, durch das Sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Der erste Teil des Buches führt Sie in die kryptographischen Grundlagen ein und erzählt, warum so viele Versuche, ein digitales Bargeld zu schaffen, vor Bitcoin gescheitert waren. Sie erfahren, was der Bitcoin-Erfinder Satoshi anders gemacht hat und warum seine Schöpfung so erfolgreich wurde. Außerdem lernen Sie seine ersten Mitstreiter kennen – und können mitspekulieren, wer sich hinter dem Pseudonym Satoshi verbirgt.

Der zweite Teil des Buches betrachtet Bitcoin aus ökonomischer Sicht. Sie erfahren, wie aus einem obskuren Internetprojekt eine echte Währung entstanden ist, die mittlerweile zum Wertanker eines gigantischen Ökosystems von Kryptowährungen geworden ist. Der rote Faden dieses Teils ist die Preisentwicklung von Bitcoin, dessen Wert von 1 US-Dollar im Jahr 2010 auf beinah 20.000 US-Dollar im Jahr 2017 kletterte. Sie erfahren aber auch, was für eine Art Geld Bitcoin ist und wo es einen Bedarf nach diesem gibt. Dabei lernen Sie die Investoren und Unternehmer kennen, die Bitcoin vorantreiben – und die damit märchenhaft reich oder durch Hacks in den Ruin getrieben wurden.

Im dritten Teil geht es darum, dass Bitcoin hochpolitisch ist. Die digitale Währung eliminiert Mittelsmänner wie Banken aus finanziellen Transaktionen, und sie entzieht dem Staat die Hoheit über die Geldpolitik. Dies macht Bitcoin zu einem libertären und anarchistischen Projekt – und zur Leitwährung der Schattenwirtschaft im Darknet. Wir werfen deshalb einen Blick auf die dunkle Seite von Bitcoin, etwa die Online-Märkten für Drogen. Daneben erfahren Sie mehr über die freiheitlichen Ideologien, die die Bitcoin-Szene antreiben, und sehen, mit welchen Strategien die Staaten versuchen, die Kontrolle wieder zu gewinnen.

Der vierte Teil des Buches handelt schließlich vom sogenannten Blocksize-Streit, der 2015 über die Zukunft des Bitcoin-Systems ausbrach. Da es dabei um die Grenzen der Technologie geht und um Wege, diese zu überwinden, ist dieser Teil vermutlich der technisch anspruchsvollste. Aber er wird auch die Geschichten jener Menschen erzählen, die sich in diesem lange anhaltenden Streit verlieren, und erklären, wie es geschehen konnte, dass aus einem scheinbar kleinen technischen Detail ein irritierend erbitterter Kampf um den weltanschaulichen Kurs der Kryptowährung wurde.

Christoph Bergmann, im Juni 2018

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